Jubiläums-Doppelkonzert 20 Jahre MD Joachim Riester

Jubiläums-Doppelkonzert "20 Jahre MD Joachim Riester" mit dem Musikverein Prechtal am 13. Mai 2017 in der Festhalle Wolfach


Mittelbadische Presse, Ausgabe 15.05.2017, Autor Andreas Buchta

Wolfach - Doppelkonzert begeistert das Publikum

Eine eine echte Sternstunde war das Doppelkonzert des Musikvereins Prechtal und der Stadtkapelle Wolfach zu Ehren des Dirigenten Joachim Riester in Wolfach. Minutenlang feierte das begeisterte Publikum die 160 Musiker für ihren brillanten Vortrag.

 

Stadtmusikdirektor Joachim Riester ist bereits 20 Jahre Dirigent der Stadtkapelle Wolfach und 15 Jahre der des Musikvereins Prechtal. Anlass genug, mit einem Doppelkonzert musikalisch zu feiern. Seine Premiere hatte das Jubiläumskonzert vor fünf Wochen in Prechtal. Am Samstag spielten die Musiker vor ausverkaufter Festhalle in Wolfach. 

 

Hoher Anspruch gleich zu Beginn des Konzerts

Den ersten Teil des Drei-Stunden-Konzerts bestritten 85 Prechtäler Musiker. Linda Kern führte ebenso souverän wie sachkundig durch das Programm. »Alvamar Overture« von James Barnes machte den Anfang: Ein fröhliches und zugleich kraftvolles Stück, das in seinem differenzierten Aufbau und seiner komplexen Rhythmik gleich zu Beginn des Konzerts hohe Ansprüche an die Musiker stellte. Mit Donnergetöse begann Eric Swiggers »Die Legende der Amerasu«, in dem vielstimmig der japanische Sturmgott tobt, bis die bezaubernde Sonnengöttin in ihrer hinreißend beschriebenen Pracht die Macht übernimmt: Ein Stück mit ungeheurer Spannung und effektvollen Auftritten einzelner Register. Mit Marc Jeanbourquins »The Glenmasan Manuskript« entführten die Musiker in die geheimnisvolle keltische Sagenwelt Schottlands. In diesem kleinen Meisterstück harmonischen Zusammenspiels beschrieben sie anschaulich die archaische Landschaft ebenso wie die Charaktere der

Sagengestalten.

 

Prechtäler bedanken sich mit Zugaben-Marsch

Freddy Mercurys Queen-Klassiker »Bohemian Rhapsody« wurde zu einem Stück mit atemberaubendem Drive, mit hinreißenden Soli angereichert. Formvollendet und beeindruckend kam Chuck Mangiones »Childeren of Sachchez« daher. Das Beste kam zum Schluss: Die »Benny Goodman Memories«, einem von Naohiro Iwai arrangierten Medley in perfektem Bigband-Sound.

Der Beifall des begeisterten Publikums war unbeschreiblich. Die Prechtäler bedankten sich dafür mit dem zünftigen Marsch »In Treue fest«.

 

Nur schwer zu toppen

Solches musikalisches Können würden die Wolfacher nur schwer toppen können, stand beim Publikum zu befürchten. Aber was die Stadtkapelle Wolfach dann präsentierte, erwies sich als nahtlose Fortsetzung mit anderer Charakteristik. Unter der Moderation von Fabian Schmider begannen die 75 Wolfacher Musiker eindrucksvoll mit Ferrer Ferans »Alba Ouverture« aus der Stadt Don Quichottes, mit dem sie spanisches Lebensgefühl spürbar machten. Das auffallend harmonische Zusammenspiel der Register begeisterte die Zuhörer. Zu einem wahren Fest ausgelassener Musik mit phantasievollen Effekten wurde  »New London Pictures« von Nigel Hess, einer Hymne auf eine eigentlich unbeschreibliche Stadt. Ins Reich der Mythen entführten die Wolfacher Musiker ihr Publikum, etwa mit Otto M. Schwarz’ »Between two worlds«.

 

Musikalischer Humor inklusive

Ein Höhepunkt an musikalischem Humor war Harold Arlens Filmmusik aus »Der Zauberer von Oz«, ein Stück, bei dem die Musiker in Slapstick-Manier die bekannten, Märchenfiguren beschrieben. Nach dem »Four Brothers« des Woody Herman Orchestra mit unwiderstehlichem Drive und einem Septett toller Saxophone kam zum Schluss das mit ganz ausgezeichneten Soli gespickte »Give it tone« von Maynard Ferguson – und minutenlanger Beifall.

 

Ehrung von Joachim Riester kommt zum Schluss

Vor der Zugabe »San Franzisco March«, wurde Joachim Riester von Geschäftführer Horst Polus für seine 20 Jahre als Kapellmeister geehrt.

 

https://www.bo.de/lokales/kinzigtal/doppelkonzert-begeistert-das-publikum


Schwarzwälder Bote, Ausgabe 15.05.2017, Autor Melanie Steitz

Der Meister der Kontraste

Erst heiter und ausgelassen, im nächsten Augenblick sanftmütig bis melancholisch: Beim Doppelkonzert "20 Jahre MD Joachim Riester" hat Joachim Riester durch eine farbenprächtige Klaviatur der Gegensätze geführt. Drei Stunden lang dirigierte er zwei Orchester.

 

Wolfach. Das spanische Temperament hatte die Wolfacher vollends ergriffen. Die Klarinetten und Querflöten brachten flirrende Melodien zu Beginn von Ferrer Ferrans "Alba Ouvertüre" hervor. Das spanische Lebensgefühl mit seinen heiteren Tanz- und Flamenco-Elementen breiteten die Musiker der Stadtkapelle Wolfach mit einer brillanten Leichtigkeit aus.

 

Zwischendurch klatschten sie kastagnettenartig in ihre Hände, um dann mit einem Wahnsinnstempo fortzufahren, bis Riesters Taktstock das Ganze in einer großartigen Bewegung beendete. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so ruhig war es plötzlich. Fortan wurden Riesters Bewegungen filigraner. Lieblich und langsam begannen die Posaunen und Klarinetten. Und statt der Drums setzte die Triangel in einer leiseren Tonalität träumerische Akzente.

 

Musikdirektor (MD) Riester, der seit 20 Jahren die Stadtkapelle Wolfach und seit 15 Jahren den Musikverein Prechtal leitet, war während des Konzerts, das ihn für seine langjährige Tätigkeit als Dirigent offiziell ehrte, in seinem Element. Mit großer Sorgfalt und Präzision, aber auch Charisma spornte er seine insgesamt 160 Musiker (85 Prechtäler und 75 Wolfacher) vom Dirigentenpult aus zu Höchstleistungen an.

 

Das Publikum im mit rund 400 Zuschauern ausverkauften Saal der Festhalle wusste es ihm mit Pfiffen und üppigen Applaus bei Höhepunkten wie "Bohemian Rhapsody" (Freddie Mercury) und "Give It One" (Maynard Ferguson) zu danken. Die Zuschauer bekamen im Gegenzug zwei Zugaben: "In Treue fest" von den Prechtälern und "San Francisco March" von den Wolfachern.

 

Rockig und zuweilen jazzig präsentierten sich die Posaunisten und Saxophonisten sowie der gesamte Musikverein Prechtal vor allem bei "Children of Sanchez". Der Flügelhornsolist Klemens Disch fiel dabei durch seine betörenden Soloeinlagen auf.

 

Chuck Mangiones mit dem Grammy ausgezeichnete Filmmusik wurde von Riester trotz des zuweilen heftigen Tempos behutsam und sorgfältig aufgebaut, um dann wieder hart mit dem Klang zu brechen und die Melodie von Neuem sich entwickeln zu lassen. Am Ende faltete er fast demütig die Hände vor den Prechtälern zusammen und wendete sich dem Publikum zu, um sichtlich gerührt im wohlverdienten Applaus zu baden.

 

Lange im Voraus hatten die Prechtäler und Wolfacher die 14 Lieder fürs Konzert einstudiert. Mitte April gastierten die Musiker mit dieser Auswahl unter dem Motto "Tempus fugit –– wie die Zeit vergeht" zuerst in Prechtal. Für Riester war der Probenmarathon ziemlich intensiv, doch diese Vorbereitung hatte sich gelohnt. Gerade bei den Wolfachern saß jeder Ton perfekt. Und wenn Riester zwischendurch ins decrescendo wechselte, waren seine Bewegungen zu den Musikern sofort synchron, sodass es mucksmäuschenstill wurde.

 

Originell agierten die Wolfacher vor allem bei "Congestion Charge", einem Lied aus "New London Pictures" von Nigel Hess. Sie suggerierten mithilfe von Rhythmusinstrumenten, wie einer Trillerpfeife oder einem Becken, den lärmenden Verkehr in London. Schlossen die Zuhörer die Augen, so fühlten sie sich ins pulsierende Stadtleben gezogen. Sogar eine richtige Ampelschaltung wurde auf der Bühne betätigt, sie wechselte wie die Musik in ihrer Tonalität zwischen Rot und Grün. Zum Schluss leuchtete sie rot auf.

 

Am Ende des anspruchsvollen Konzerts bedankte sich Horst Polus, Geschäftsführer der Stadtkapelle, bei Riester, dem seit dem opulenten "Someday Over The Rainbow" aus "Zauberer von Oz" (Harold Arlen) die Schweißperlen auf der Stirn standen, für seine bisherigen Dienstjahre. Dabei hob er Riesters Professionalität und Feingefühl hervor. Polus sicherte dem 54-jährigen MD zu, dass das Orchester ihn bei seinem Wunsch, ein internationales Wertungsspiel zu bestreiten, unterstützen werde und überreichte ihm einen Reisegutschein, der sich mit dem Präsent der Prechtäler ergänzt, die ihm zwei Karten für eine Vorstellung in der Hamburger Elbphilharmonie geschenkt hatten. Außerdem bekam er ein persönlich zusammengestelltes Fotoalbum mit 250 Bildern aus seiner bisherigen Schaffenszeit, das er glücklich entgegen nahm.

 

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